Fahrzeugvorstellung Drehleiter
Im Juli 2024 konnte die Freiwillige Feuerwehr Ried im Innkreis nach langer Wartezeit endlich die neue Drehleiter in Empfang nehmen. Gebaut wurde das Fahrzeug von der Magirus – Lohr GmbH im deutschen Ulm und im steirischen Premstätten. Die Drehleiter mit Korb „DLK 23-12“ ersetzt damit die 29 Jahre alte Vorgängerin und steht ab sofort im Dienst der Rieder Bevölkerung.
Fahrzeug
Als Trägerfahrzeug für das neue Hubrettungsgerät dient ein Mercedes Benz Atego. Der Euro VI Motor bringt mit seinen 300 Pferdestärken die richtige Power auf den Asphalt. Ein perfekt abgestimmtes Automatikgetriebe erleichtert die Arbeit der Maschinisten am Weg zum Einsatz erheblich, damit die Einsatzkräfte auch sicher am Ziel ankommen.
Das Fahrzeug hat ein Gesamtgewicht von 16 Tonnen, ist 2,50 m breit, 10,2 m lang und 3,65 m hoch.
Aufbau
Die neue Drehleiter verfügt wie bereits das Vorgängermodell wieder über eine Magirus „Vario-Abstützung“. Mit diesem System kann das Fahrzeug stufenlos in einer Breite von 2,4 bis 5,2 Metern abgestützt werden. Alle vier Abstützungen können einzeln angesteuert werden, sodass der Maschinist Hindernisse über- oder unterfahren kann – im Einsatz zählt manchmal jeder gewonnene Zentimeter. Mit Hilfe von Kameras kann der Fahrer bereits aus der Fahrerkabine den Abstützbereich einsehen und so Hindernissen wie Kanaldeckeln oder Gehsteigkanten ausweichen. Zusätzlich werden die maximalen Abstützpunkte mit LED-Spots ausgeleuchtet. So kann die Besatzung auch von außen Hindernisse frühzeitig erkennen.
Gesteuert wird die Drehleiter entweder über den Hauptbedienstand am Drehkranz oder über den Bedienstand im Korb. Nahezu alle Bedienelemente wie Joysticks, Display, Knöpfe oder auch die Notbedienung haben einen hohen Wiedererkennungswert zur 29 Jahre alten Vorgängerdrehleiter, die ebenfalls aus dem Hause Magirus stammte, was einen großen Vorteil in der Einschulung und Bedienung der Einsatzkräfte mit sich brachte.
In der Arbeitsgruppe entschied man sich für einen vierteiligen Leitersatz mit Single Extension und Gelenkarm. Maximal kann der Rettungskorb auf eine Höhe von 32 Metern gehoben werden. Wie bei allen „Standarddrehleitern“ in Europa werden als Nennrettungshöhe 23 Meter bei einer maximalen Ausladung von 12 Metern angegeben.
Um an dieser maximalen Ausladung noch immer möglichst viel Nutzlast im Rettungskorb aufzunehmen, wird bei Magirus Drehleitern der Leitersatz im Gegensatz zum Mitbewerb mit Seilwinden ausgefahren und dadurch Gewicht eingespart. Bei der Single-Extension Technologie werden nicht alle Leiterteile gleichzeitig ausgezogen, sondern zuerst das oberste Leiterteil einzeln und danach alle andern. Weiters ermöglicht diese Funktion auch den optimalen Einsatz des 4,1 Meter langen Gelenkarmes. Dieses Teilstück kann um 75° mit Hilfe zweier Hydraulikzylinder abgewinkelt werden und bietet unzählige neue Einsatzmöglichkeiten mit der Drehleiter, die bislang nur Hubmastbühnen boten. Der schwenkbare Gelenkarm bringt den klaren Vorteil, in engen Gassen besser operieren zu können oder über Giebeldächer, vorspringende Gebäudeteile oder Gauben hinweg zu arbeiten. Außerdem wird die Drehleiter durch den Gelenkarm auch für die Rettung aus Tiefen interessant. Im sogenannten Negativbereich kann das Gelenk seine Vorteile deutlich ausspielen.
Durch die festverlegte Steigleitung im vierten Leitersatz kann der Schlauch einfach vom Boden aus angekuppelt werden. Beim Ausfahren der Leiter wird der 35 Meter lange und somit recht schwere B-Schlauch automatisch nach oben gezogen.
Neu ist die bedienerfreundliche Funktion - Magirus Direkt-Einstieg. Über einen Bedienknopf an der linken Seite des Fahrerhauses lässt sich der Korb automatisch auf die Soforteinstiegsposition vor dem Fahrerhaus absenken, was ein besonders schnelles und einfaches Ein- und Aussteigen ermöglicht.
Herzstück der Drehleiter ist natürlich der Rettungskorb. Auf der neuen Drehleiter findet ein Magirus RC500 Verwendung. Dieser kompakte und leichte Korb kann bis zu 500 kg bzw. fünf Personen zuladen. Durch die Anordnung des Bedienstandes in der Korbmitte gibt es bei der neuen Drehleiter nun zwei Multifunktionssäulen. An diesen können verschiedenste Anbaugeräte montiert werden. Die Krankentragenhalterung oder der Wasserwerfer sowie ein Überdrucklüfter und die neue Schlauchhaspel „Tacbag“ können gleichzeitig in den Einsatz gebracht werden. Zwei getrennte Korbeinstiege mit seitlich wegklappbarer Falttüre und Schutzbügel ermöglichen einen freien Zustieg.
Mit dem Magirus-Safety Peak, einem Aufsteckbügel, kann nun bei einer Personenrettung oder Absturzsicherung bequem und noch sicherer gearbeitet werden. Über ein Verbindungsmittel wird die Korbschleiftrage am Safety Peak eingehängt – sinnvoll z. B. bei der Rettung aus der Tiefe einer Baustelle. Das Verbindungsmittel ermöglicht die geforderte doppelte Sicherung des Patienten. Die maximale Nutzlast beträgt 500 kg, die Länge ist variabel von drei bis zwölf Meter einstellbar. Eine begleitete Rettung durch einen Höhenretter neben der Trage ist ebenso möglich.
Ebenfalls neu ist eine im Korbboden integrierte, elektrisch stufenlos ausfahrbare Korbplattform mit einer Nutzlast von max. 150 kg. Sie kann als Arbeitsplattform genutzt werden oder aber zur Erleichterung des Überstiegs aus oder in den Korb.
Ebenso neu ist ein integriertes System zur Erkennung von Hochspannungsleitungen während des Leiterbetriebes, was wiederum die Sicherheit der eingesetzten Rettungskräfte erhöht.
An Bord der Drehleiter sind weiters noch wasserführende Armaturen, Werkzeug, eine Kettensäge, ein Trennschleifer, ein Hochleistungslüfter, zwei Atemschutzgeräte, ein Sprungretter und Material zur Absicherung der Einsatzstelle.
Eine große Verbesserung im Vergleich zur alten Drehleiter gibt es in puncto Beleuchtungstechnik: Sämtliche Lichtelemente wurden in LED-Technologie ausgeführt. Bei der Inbetriebnahme der Leiter leuchten die Schweinwerfer am Korb und an der Spitze des ersten Leiterteiles nach oben, so wird auch der Bereich über der Drehleiter ausgeleuchtet. Damit können Hindernisse wie Bäume oder Stromleitungen frühzeitig erkannt werden. Auf dem Fahrzeugpodium sind die Absturzkanten mit einem orangenen LED-Band gekennzeichnet, Bereiche mit Leitern oder Stiegen sind mit grünen LEDs markiert. Dies und die Umfeldbeleuchtung erhöhen massiv die Sicherheit der Einsatzkräfte. Am Heck der Drehleiter wurde weiters eine Verkehrswarneinrichtung verbaut.
Einsatztaktik
Die Drehleiter kommt in erster Linie zur Personenrettung zum Einsatz – egal ob im Brandfall oder bei medizinischen Notfällen. Durch die Montage des Wasserwerfers können auch größere Brände effektiv von oben bekämpft werden. Weiters kann das Fahrzeug auch für Sicherungs- oder Aufräumarbeiten nach Stürmen oder Unwettern herangezogen werden. Auch zur Absturzsicherung von Einsatzkräften auf Dächern kann die Drehleiter verwendet werden.
Dabei kommt das Hubrettungsfahrzeug nicht nur im Stadtgebiet zum Einsatz. Das Einsatzgebiet erstreckt sich nahezu über den gesamten Bezirk sowie teilweise auch darüber hinaus.
Ebenso rückt die Drehleiter bei allen Einsätzen der Höhenrettungsgruppe aus, um bei der Rettung aus Höhen- oder Tiefen zu unterstützen. Bei überörtlichen Brandeinsätzen rückt zur Drehleiter zusätzlich auch das Wechselladefahrzeug mit dem Abrollbehälter „Wasser-Schaum“ mit Mannschaft und Geräten aus.
In den letzten Wochen wurden bereits viele Einschulungen und Übungen am neuen Gerät durchgeführt. Unsere Mannschaft hat dafür unzählige Stunden zusätzlich zum bestehenden Übungs- und Einsatzbetrieb geleistet. Dadurch konnte die neue Drehleiter rasch in Dienst gestellt werden und steht somit unserer Bevölkerung jederzeit zur Hilfe bereit.
Ein besonderer Dank gilt dem Land Oberösterreich, dem Landesfeuerwehrverband OÖ sowie der Stadtgemeinde Ried im Innkreis welche die finanziellen Mittel für dieses wichtige Einsatzfahrzeug gesichert haben.